Ursula Jetter - Schriftstellerin und Herausgeberin der „exempla“-Literaturzeitschrift zu: „88 Rätsel zur Unendlichkeit“ Einführung zur Buchpräsentation von Volker Funke und Norbert Sternmut „88 Rätsel zur Unendlichkeit“, Lyrik und Grafik, hier liegen sie vor, freigegeben zur An- und Einsicht, sagen wir zu mäanderndem Umgang, wozu ich Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, besonders aber die Sponsoren der Berthold-Leibinger-Stiftung (allen voran Frau und Herr Leibinger) die diese Ausstellung, diesen Abend, diese Förderung des Künstlerduos Norbert Sternmut und Volker Funke (genannt funné) erst ermöglichten,recht herzlich einladen und begrüßen möchte. Ich selbst bin Schriftstellerin (Schreibe Lyrik und Prosa) und zugleich Herausgeberin der ältesten Literaturzeitschrift im Lande, der „exempla“, die 2004/05 ihr 30-jähriges Jubiläum feiert und ihrerseits der Leibinger-Stiftung für ihren Zuschuss zu unserer Jubiläumsausgabe an dieser Stelle ganz herzlich danken möchte. – Seien Sie heute schon eingeladen zu unserer Jubiläumslesung am 03. Juni, 20 Uhr in der Stadtbibliothek Ludwigsburg. Doch nun zum Duo Sternmut / Funke: Norbert Sternmut (geb. 1958 in Stuttgart) begleite ich schon seit einigen Jahren und fühle mich ihm sowohl als Lyrikerin wie als Herausgeberin verbunden. –(Sternmut war schon mehrfach mit Gedichten in „exempla“ abgedruckt. Es ist erstaunlich, wie sich sein Werk entwickelt hat und heute auf eine ganze reihe von Einzeltiteln angewachsen ist. Den Kernbereich bildete die Lyrik, dazu kamen Kurzprosa, Theaterversuche und insgesamt 3 Romane, z.B. „Der Tote im Park“, ein bemerkenswerter Roman und wohl sein bester und zuletzt 2004 „Marlies“. Von Beruf ist Sternmut Sozialpädagoge im Bildungszentrum Asperg. Auch bei Volker Funke sind die äußeren Daten, geboren 1964 in Heilbronn, 1987 – 93 Studium an verschiedenen Kunstakademien und Freien Kunstschulen und 1993 – 97 Studium an der Uni Stuttgart, Kunstgeschichte und Philosophie, rasch berichtet. Seit 1993 ist er frei schaffender Künstler, u.a. auch Dozent beim „Spielraum Kunstwerk“ , der museumspädagogischen Einrichtung der Christoph Reinwald Stiftung in den Städtischen Museen, Heilbronn. Der innere Weg aber, den die Künstler zurückgelegt haben, bis dieses gemeinsame Buch, quasi ein Gesamtkunstwerk vorliegt, können wir erahnen in der Vielzahl der aufeinander bezogenen Computer-Bildmontagen und lyrischen Texte, wobei jede Gattung durchaus auch ihre Eigenständigkeit behaupten könnte. Das spielerische phantasievolle Element vereint unser Tandem Funke/Sternmut und um im Schillerjahr unseren großen Literaten zu zitieren, „Der Mensch ist nur dort ganz Mensch, wo er spielt.“ NARRENFREIHEIT Mit zwei, drei, vier, fünf Sei dein eigener Till, Darfst dich zeigen, unverhüllt, Darfst endlich du sein,
STRICKUSTER DES RADFAHRERS Auf der Unendlichkeitsschlaufe Auf seinem Strickmuster, (90a), Die sich leicht verweben, Der Strickmuster. Der Fahrer fährt, Fährt mit seinem alten Rad Nicht umsonst wird schließlich gerade das Tandem – ein Fahrrad für zwei, zum Erkennungs-zeichen des Künstler–Duos Funke/Sternmut auf der Titelseite des Buches. Ich würde diese Einführung ergänzen wollen durch das Geständnis, dass ich mich Euch, den Künstlern, in dieser Haltung zu Zeit und Unendlichkeit sehr nahe fühle, schrieb ich doch selbst z.B. in einem Liebesgedicht: Dort Noch einige Worte zur (Die) Spiralgestalt der Unendlichkeitsschleife, dem bevorzugten, philosophischen Bild-Sujet des Buches, unter symbolischem, existentiellem und psychologischem Aspekt. Aus der Fülle der Bildmotive von Funke und den intuitiv hinzugefügten poetischen Bildwelten der Texte von Norbert Schmid/Sternmut sei an dieser Stelle der Bedeutsamkeit halber der Versuch unternommen, die Gestalt der Doppelspirale näher zu betrachten. Sie ist zweidimensional wie eine aus sich selbst entrollende Linie hin zu einer dynamischen Figur. Ausgehend von einem zentralen Punkt entwickelt sie Expansionskraft von innen und außen und wieder zurück zum Zentrum die Pole Anfang und Ende, miteinander verbinden, Werden und Sterben in eins. Die Linksdrehung verweist auf ihrem einrollenden Weg (Introversion) zum Ursprung, Mutterleib und letztlich in den Tod, die Rechtsdrehung (Extraversion, Expansion) auf Entwicklung, Entfaltung, Leben. Beide zusammen bilden ein Sinnzeichen für die untrennbare Zusammengehörigkeit der Gegensätze, aufgehoben im Ganzen des Lebens, das in einem schöpferischen Prozess die wiederkehrenden Lebensrhythmen erfahrbar werden lässt und künstlerisch auszudrücken versucht. Auf diesem Weg begegnen wir der Ausfaltung unseres Wesenskerns, unserem Selbst, das jenseits des individuellen Ich wie ein Geheimnis verborgen liegt. Nichts weniger als das existentielle „Wunder“ unseres Lebens umkreisen diese Bilder und Texte, changierend in den verschiedensten Grunderfahrungen menschlichen Seins. Norbert Sternmut nennt gern Celan und Trakl als Vorbilder für seine Lyrik, aber vielleicht dürfen wir hier auch „Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen, Diese Ausführungen seien jedoch abgerundet, wohlgemerkt nicht „beendet“, mit Funke/ Sternmuts letztem, dem Rätsel Nr. 88 des Bandes „Die Zeit“ (S. 193) und Gedicht „Zeitfäden 2“ (S. 192): ZEITFÄDEN 2 Zeit war mal wieder Unheilschwangeres Haare, weiß auf schwarz. Trümmer, In weiche Greise geritzt, Wohin? Wilde Droge, Und am Morgen das Ei! Der Herzschlag der Sehnsucht Ursula Jetter, 18.04.2005
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